INFORMATION

Zum Auftakt der Prater Art Sessions findet am 30. März 2007 ein Videoscreening statt, das sich mit dem Sensationellen und Spektakulären sowie den damit verbundenen Erwartungshaltungen auseinandersetzt. Alle gezeigten Arbeiten sind inhaltlich so aufgebaut, dass sie beim Publikum starke Assoziationen mit typischen Handlungsabläufen und Narrationsmustern auslösen, diese jedoch anhand verschiedener Strategien letztlich zerstreuen. Die Videos leiten Vorahnungen ein. Sie stellen durch ihre Anfangsdisposition jeweils eine Dramaturgie in Aussicht, der sie entgegenstreben, ohne sie jemals wirklich zu erreichen. Die erwarteten und die, falls überhaupt, tatsächlich eintretenden Höhepunkte der einzelnen Handlungen divergieren – ein Kontrapunkt zur Hegemonie der berechenbaren Spektakularität des umliegenden Praters.

Der junge US-Amerikaner Christopher Miner spürt in seinen autobiographisch gefärbten Videos den existenziellen Prägungen seiner Südstaaten-Heimat mit besonderem Hinblick auf Religiosität, Ethnizität und Sexualität nach. In der für die Prater Art Sessions ausgewählten Arbeit »Auction« (2000) nimmt er die Rolle eines Predigers ein, der in typischem Mississippi-Dialekt zu einem von Repetitionen geprägten Sermon anhebt. Dieser nähert sich allmählich den Gebotswiederholungsrufen eines Auktionators an, ehe der Akt mit fast hysterischer Marktschreierei endet.

Das Video »Hungerkünstler« (2005) von Henrik Plenge Jakobsen stammt aus der Installation »Circus Pentium«, die ihre Ausstellungsorte in einen Zirkus verwandelte. Der Hungerkünstler war einer der Protagonisten dieser Installation, die dem System Kunst und ihrem Durst nach Unterhaltung einen Spiegel vorhält. In einem mittelalterlichen Folklore-Kostüm präsentiert er sich im Video, und ein Chor besingt die Ereignislosigkeit seiner Kunst zu hungern. Das Spektakuläre zieht sich auch als roter Faden durch seine früheren Arbeiten, wie etwa »Smashed Parking« (1994, gemeinsam mit Jes Brinch), die einen Schauplatz von Ausschreitungen mit umgeworfenen Autos auf einem Parkplatz simuliert, oder »Smoke« (1998), bei der Jakobsen Rauch aus einem Haus aufsteigen lässt - er inszeniert den Brand dreimal täglich. Bei »Dollar Drop« (2004) hingegen sind es echte Dollarnoten, die er unter Schaulustigen verteilt und uns wie beim »Hungerkünstler« unsere Lust an der Sensation vor Augen führt.

Die Arbeiten von Hans Op de Beeck kreisen um das Thema der Entfremdung des Menschen in einer modernen Welt wie auch seine Determiniertheit. Die Attraktion bekommt bei ihm eine doppelte Bedeutung, sie birgt neben der Anziehungskraft auch eine Unausweichlichkeit, hat fatalistische Qualitäten. In seinem Video »Insert Coin – Highway Car« etwa sitzt ein Junge emotions- und teilnahmslos in einem herumschunkelnden Kinderauto. »Communication« (1999) könnte Jaques Tatis »Playtime« entstammen – ein älterer Mann stempelt, fast schon mechanisch, Briefe ab und verlässt den Schreibtisch erst auf das Läuten eines Telefons hin. In »Coffee« (1999) sitzt ein älteres Paar in einem Kaffeehaus, ohne zu reden. Sie beobachten, bleiben aber in ihrer passiven Rolle der Erwartung von etwas Außergewöhnlichem. Im Rahmen der Prater Art Sessions wird das Video »The Stewarts have a party« (2006) gezeigt, in dem sich die Familie Stewart zur ritualisierten Party trifft.

Die Videoarbeiten von Sigurdur Gudjonsson kommen ohne Sprache aus. Düstere Szenarien werden entworfen, in denen sich die Protagonisten durch ihre autistischen Handlungen offenbaren. Der Betrachter wird zum heimlichen Beobachter, zum Topographen der sich auftuenden emotionalen Abgründe. Die Videos haben eine filmische Ästhetik – Gudjonsson versteht es, Dramatik durch gezielt eingesetzte Mittel wie Schnitte, Überblendungen oder Ton aufzubauen. In »Bleak« (2006) geht die Spannung von zwei Hauptfiguren in einem heruntergekommenen Haus aus. Das Treiben der Akteure geht in keiner narrativen Struktur auf, Erwartungshaltungen werden nur geschürt, ohne erfüllt zu werden. Der Betrachter wird in einer mit düsterer Stimmung aufgeladenen Leere zurückgelassen.

Die Videoarbeiten von Nicolas Jasmin (N.I.C.J.O.B.) weisen ebenso über das faktisch zu Sehende hinaus. Er verwendet Found Footage, gefundenes Material, das er für seine zumeist geloopten, kurzen Videos fragmentiert. Das Material wird so aus seinem Kontext gerissen und isoliert, erfährt eine Bedeutungssteigerung – auch durch die Wiederholung bestimmter Abschnitte in kurzen Intervallen. Die Technik der Fragmentierung erzeugt im Betrachter ein Verlangen nach der Sicht auf das große Ganze, das Jasmin in seiner bei den Prater Art Sessions gezeigten Arbeit »Never Seen In ... (Vienna)« reflektiert. Die selbstreferentiell für das Œuvre Jasmins stehende Arbeit zeigt einen Vorhang, der sich hebt und wieder senkt, dabei aber keinen Blick freigibt auf das Dahinter, das schwarz überdeckt ist. Das Publikum ist trotzdem begeistert.


Der Auftakt der Prater Art Sessions wird mit freundlicher Unterstützung der Galerie Adler, Frankfurt,
Galerie Krinzinger, Wien, Galerie kunstbüro, Wien, Galerie Mitchell-Innes & Nash, New York,
Galerie Nicolai Wallner, Kopenhagen, der Kunsthalle Wien, der Prater Betriebsgesellschaft sowie der bespielten Einrichtungen realisiert.